Tisch der Nationen _ Bundesgartenschau 2023

Simbabwe

Simbabwe

Claudia Kraml

Zwei Holzstühle, zu einer Bank verbunden.
Teilweise bezogen mit gehäkelten Decken meiner 2008 verstorbenen, immer häkelnden Großmutter.

Wäre dies eine Bank in Simbabwe, würde sie unter einem Baum stehen.
Für jeden zu Fuß erreichbar. An einem sicheren diskreten Ort in der Gemeinde.
Eine Frau, jenseits der 50 würde darauf sitzen, neben jemandem, der in Shona, der Mehrheitssprache in Simbabwe unter Kungfungisisa [zuviel denken] leidet.
Dem die Sorgen nachts in den Schlaf kriechen.
Dem die Angst alle Kraft raubt.

Jede vierte einwohnende Person in diesem Land – einem der ärmsten und traumatisiertesten Länder dieser Erde – leidet an einer Form davon.
Wer erkrankt ist, wird stigmatisiert, gilt als schwach oder besessen.
Darüber zu sprechen gilt als Tabu.
Auf 16 Millionen Einwohner/innen kommen gerade mal 15 Psychiater/innen
und 16 Psychologen/innen.
Die Suizidrate ist immens hoch.
Bei jungen Erwachsenen die zweithäufigste Todesursache.

Um dieser desaströsen Behandlungssituation entgegenzuwirken und aus schierer Verzweiflung rief der simbabwische Psychiater Dr. Dixon Chibanda 2007 das Projekt der Friendship Bench ins Leben.
In kognitiver Verhaltenstherapie und psychischer Diagnosestellung geschulte Laientherapeutinnen, Gogos [Großmütter] mit Lebenserfahrung und eigenem erlebten Leid, erwarten auf diesen Bänken Menschen die mit Angst und Depressionen zu kämpfen haben.

Anhand eines 14stelligen Fragenkatalogs, dem Shona Symptom Questionnaire wird die Situation des Betroffenen eingeschätzt.
Werden mindestens 9 der 14 Fragen mit Ja beantwortet, wird der ratsuchenden Person vorgeschlagen zu bleiben und an einer sechswöchig dauernden Einzeltherapie zur Problemlösung teilzunehmen.

Da zur Gesundung, Verhaltensaktivierung eine wichtige Rolle spielt, lernen die betroffenen Menschen in einer anschließenden Nachsorgegruppe, u.a. Gegenstände aus recyceltem Plastik zu häkeln.
Durch den Verkauf dieser Gegenstände haben sie die Möglichkeit, ein Einkommen zu erzielen und erfahren gleichzeitig ein Gefühl der Sinnhaftigkeit.

Sie sagen, wenn Sie häkeln, dann denken sie nicht so viel.
Was bei Kufungisisa ideal ist.

Inzwischen wurde die Methode empirisch überprüft und auf andere Länder ausgedehnt.


Foto: Herbert Geiger © BdK2023