Tisch der Nationen _ Bundesgartenschau 2023

Plurinationaler Staat Bolivien

Bolivien

Peter Gärtner

Bunt, laut, grell und in Bewegung zu sein, war mein erster Impuls als ich erfuhr, dass ich das Land Bolivien beim Projekt „Tisch der Nationen“ zog. Ich erinnerte mich an eine Reise nach Südamerika, explizit an den Aufenthalt am Titicacasee. Ein lokales Fest mit Tanzenden in Trachten und nicht endender Musik. Durch die geografische Höhe jedoch überfordert, dem bunten Treiben noch folgen zu können.

Ein Land der Extreme: im Hochgebirge Polarklima und in der Tiefebene Tropenklima, obwohl das Land in tropischen Breitengrade liegt. Im Westen durchziehen die Anden Bolivien und gliedern das Land in Hochgebirge mit der Hochebene „Altiplano“ und dem Titicacasee, den östlichen Ausläufer des Gebirges und der Tiefebene im Osten.

Von der Bevölkerung sind 50 % indigenen Abstammung. Davon leben 2/3 der Indigenen auf der Hochebene „Altiplano“.

Bolivien zählt heute zu den ärmsten Ländern auf dem amerikanischen Kontinent. Ihre großen Bodenschätze trugen nicht zum Wohlstand ihrer Bevölkerung bei. Früher wurden sie durch europäische Konquistadoren ausgebeutet, deren Hunger nach Silber nicht enden wollte. Später flossen die Gewinne aus Edelmetallen, Öl und Gas ins Ausland. Wie die Gewinne der reichsten Lithiumvorkommen der Welt, das weiße Gold des 21. Jahrhundert, verteilt werden, ist noch nicht entschieden.

In meinen inneren Bildern zu Bolivien tauchen jedoch auch Menschen wie Simon Bolivar, Che Guevara, Eva Morales und indigene Frauen auf. Der Freiheitsheld Südamerikas, der Revolutionär, dessen Bild von der Konsumwelt vereinnahmt wurde, der erste umstrittene indigenen Präsident Südamerikas und die kleinen, zähen, in sich ruhenden Frauen mit ausladenden Röcken und ihren länglichen Hüten.

Der Stuhl, der seinen Platz am Tisch der Nationen einnehmen wird, soll diese Extreme Boliviens verkörpern. Er ist bunt, laut, grell und in Bewegung. Er verweist auf die unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen in Bolivien. Das Fundament hierfür ist der „Monobloc“-Stuhl. Er ist in jedem Winkel der Erde anzutreffen, und kennt keine Vermögensuntergrenzen.


Foto: Herbert Geiger © BdK2023